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2003, aargauer Zeitung von 19.03.2003

„Heute nutze ich die Zeit für meine Kunst“

Porträt Thomas Welti, Künstler und ehemaliger Manager, wanderte mit seiner Familie in die Toskana aus
von JOSEF KALT

In den Terrakotta-Figuren von Thomas Welti spiegeln sich die Harmonie seiner inneren Ruhe und der Toskanischen Landschaft. 1996 verliess der Künstler mit seiner Familie die Schweiz, um sich in seinem Haus in Italien ganz der Kunst zu widmen. Als der Badener Thomas Welti mit seiner Familie beim ersten Ferienaufenthalt in der Toskana eine über 300-jährige zerfallene Ruine entdeckte, spürte er sofort, dass dieses Haus in der Nähe von Pisa sein neues Zuhause werden würde. Noch in der- selben Woche kaufte er das Gebäude und begann mit der Planung für den Umbau. Fragen nach der persönlichen Existenz und dem Sinn des Lebens waren wesentliche Aspekte bei allen Überlegungen. Thomas Welti war beruflich so eingespannt, dass für Familie und künstlerisches Schaffen kaum Zeit übrig blieb. 1996 entschloss er sich deshalb, mit seiner Frau und den beiden Teenager-Töchtern den Schritt in die neue Heimat zu wagen. Rückblickend ist die ganze Familie froh, diesen Entschluss gefasst zu haben. Die Töchter haben sich in ihrer neuen Umgebung integriert und setzen ihre Ausbildung fort. Thomas Welti und seine Frau pflegen weiterhin enge Kontakte zur alten Heimat. In Baden erteilt er regelmässig Keramikkurse, seine Werke sind seit 1997 in zahlreichen Ausstellungen in Österreich, Italien und der Schweiz gezeigt worden.

Thomas Welti erkannte bereits in jungen Jahren seine kreative Begabung und bildete sich trotz starker beruflicher Belastung an der Kunstgewerbeschule Zürich und bei zwei Bildhauern aus. In der Toskana, einer seit Jahrtausenden von Kunst geprägten Umgebung, schaffte er sich schliesslich die Möglichkeit, seine künstlerischen Träume voll zu verwirklichen. Städte wie Florenz, Siena und Pisa zählen zu den bedeutendsten Kunstzentren der Welt, nicht zu vergessen sind Carrara mit seinem berühmten Marmor und Pietrasanta mit den vielen Kunstgiessereien. Thomas Welti besucht oft diese Quellen der Inspiration und pflegt gute Kontakte zur einheimischen Kunstszene.

Weiche Formen

Thomas Welti arbeitet am liebsten mit dem weissbrennenden Ton aus Montelupo bei Florenz.

Spiegel der toskanischen Natur

Wenn nicht gerade der Olivenhain oder Arbeiten ums Haus herum rufen, arbeitet Thomas Welti meist in seinem Atelier, daheim in Chianni, einem altehrwürdigen Dorf mit 1800 Einwohnern. Die hier in Keramik entstehenden Werke widerspiegeln die weiche, sanfte und liebliche Umgebung der toskanischen Hügellandschaft. Der Künstler überträgt die ihm eigene innere Ruhe auf seine Terrakotta-Figuren, die von Harmonie und den bezaubernden Licht- und Schattenspielen der ländlichen Umgebung erzähle. Sie strahlen Sanftheit, Einfachheit und Besinnlichkeit aus, die sich spürbar auf den Betrachter übertragen. Selbst in der extrem abstrakten Ausdrucksweise findet das Auge immer wieder die Abbildung der menschlichen Gestalt, als Fragment oder als Ganzes. Die runden Formen des weiblichen Körpers, die oft auch in der Natur anzutreffen sind, sprechen Thomas Welti besonders an. „Am liebsten arbeite ich mit einem plastischen, weissbrennenden Ton aus Montelupo bei Florenz, ich kann meine Energie und meine Intuition geradezu fliessend auf das Material übertragen“, sagt Thomas Welti auf die Frage nach der Materialwahl. Die lehmige, feuchte und geschmeidige Masse lässt sich ohne grosse Kraft und schwere Werkzeuge in alle Formen bringen. Die Bearbeitung der Formen und Oberflächen kann mit unterschiedlichem Ergebnis im feuchten, lederharten und trockenen Zustand und selbst noch nach dem Brennen erfolgen. Diese Möglichkeiten schätzt Thomas Welti am Ton. „Ich suche ein Gleichgewicht zwischen Volumenverteilung und Oberflächengestaltung, meine Plastiken sollen harmonisch wirken und dem Betrachter eine innere Ruhe vermitteln“, so der Künstlers zum Sinn und Zweck seiner Arbeit.

Zwischen Realität und Abstraktion

Er sucht den Weg zwischen realistischer und abstrakter Wiedergabe. Seine eigenständige kreative Leistung zeigt sich in der Vermittlung einer freundlichen, zeitlosen, zur Meditation anregenden Gelassenheit. „Meine Skulpturen sind ein Wegweiser zur inneren Ruhe“, meint er, der in der Toskana zur Ruhe gekommene ehemalige Manager.

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